Ich habe Führung übernommen, wenn es Führung brauchte
Ich habe mir jahrelang wenig Gedanken gemacht über Vorurteile und Voreingenommenheit beziehungsweise Anerkennung meiner Leistungen.
Mit Engagement, Offenheit und Empathie konnte ich alle Aufgaben und Jobs in meiner 30-jährigen Berufslaufbahn ausführen.
Allerdings, das muss ich zugeben, hatte ich keine konkreten Ziele, vielmehr scheinen rückblickend die Aufgaben an mir vorbeigekommen zu sein und ich habe sie angenommen. Im Sinne von „Es muss gemacht werden“, später mit dem Fokus „Es muss gemacht werden und ich kann euch sagen, wie“.
Mein primäres berufliches Ziel war es nie, Führung zu übernehmen, ich habe sie angenommen, wenn es Führung brauchte, besonders dann, als ich mit meinem Mann unsere Agentur gründete. Unsere Partnerschaft/Ehe war von jeher gleichberechtigt und auf Augenhöhe. Aber wir sind auch zwei Menschen mit unterschiedlichen Arbeitsweisen und Talenten. Deshalb gibt es keine 1:1-Gleichberechtigung in den Aufgaben, sondern jeder trägt zum Leben und zur Agentur mit seinen ganz eigenen Talenten bei. Da ich eine interne Organisatorin bin und mein Mann der externe Kommunikator ist, waren die Bereiche schnell aufgeteilt, mit gleichberechtigter Verantwortung. Als interne Organisatorin hatte ich jahrelang ein entspanntes Verhältnis zu meiner beruflichen Anerkennung, da ich mich intern, und in zweiter Reihe, wohlfühlte.
Mit dem Ausstieg meines Mannes aus der Agentur und meiner Übernahme der Leitung mit meinen beiden Mitstreitern bin ich mehr in den Fokus von Kundinnen und Kunden gerückt, auch wenn sich meine Aufgaben und Kompetenzen wenig geändert haben. Erstaunt und ein bisschen erschreckt habe ich aber wahrgenommen, dass viele Geschäftspartner*innen mich nicht auf dem Zettel hatten. Die Herausforderung ist es nun zu kommunizieren, dass ich schon immer Ballcom „war“ und ich das selbstverständlich fortführen werde.
Vor Kurzem ist mein Mann zum Bürgermeister gewählt worden. Ganz Unverbesserliche – oder Unwissende, Unbelehrbare – gehen so weit, dass sie sich wundern, warum ich die Agentur weiterführe und nicht als Lebensaufgabe die Frau an der Seite des Bürgermeisters geworden bin. Aber anstatt diesen Personen ihre Weltsicht vorzuwerfen, kommuniziere ich offensiver. Weibliche Kommunikation ist oft bescheidender als männliche, dadurch werden Frauen, ihre Position und ihre Fähigkeiten oft weniger deutlich wahrgenommen.